Marokko, 19. April - 29. April 2019


Ein Highlight der Reise: die Avicennaviper (Cerastes vipera)
Ein Highlight der Reise: die Avicennaviper (Cerastes vipera)

Marokko 2.0 - auf ein Neues

Auf unserer zweiten Marokko-Reise bekamen wir Begleitung aus München. Zusammen mit Frederic Beck (bavarianherper auf Social Media) verfolgten wir unsere offen-gebliebenen Zielarten der letzten Marokko-Reise. Da wir letztes Mal von kalten Nächten und windigem Wetter tagsüber überrascht wurden, entschieden wir uns dafür, dieses Jahr einen Monat später aufzubrechen. Wir fokussierten uns wie letztes Jahr auf die Süd-West-Küsten des Landes, da die dortige Herpetofauna sich stärker von der europäischen/iberischen Herpetofauna unterscheidet als jene im Norden Marokkos. Anders als letztes Jahr nahmen wir nicht die lange, aber wunderschöne Strecke über den Antiatlas (Tizi n'test Pass), sondern fuhren direkt via Agadir nach Souss Massa und verlängerten die Route dann in den Süden bis zum National Park von Khenifiss bei Tarfaya. Zudem nahmen wir uns einen letzten Tag Zeit, um die lebhafte Hauptstadt Marrakesch (auch ausserhalb vom Flughafen) zu entdecken.

 

Reiseroute: ca. 1840km (Bild: Google Maps)
Reiseroute: ca. 1840km (Bild: Google Maps)

Souss Massa

Der Nationalpark am Flussdelta des Massa ist bekannt für einen der letzten Bestände des Waldrapps (Geronticus eremita) und der wiederangesiedelten Säbelantilope (Oryx dammah). Da wir nicht an einer geführten Tour interessiert waren, konnten wir beim Haupteingang den Nationalpark leider nicht einmal betreten. In den umliegenden Feldern gelang uns dafür die Beobachtung von braunen Sichlern (Plegadis falcinellus). In den küstennahen Dünen konnten auch einige Reptilien beobachtet werden, darunter ein Skink (Chalcides mionecton), eine Sandrennnatter (Psammophis schokari) und Mauergeckos (Tarentola mauritanica). Unter den Steinen waren immer wieder verschiedene Skorpionarten aufzufinden. Die flinken Fransenfinger (Acanthodactylus margaritae) konnten wir nicht nur in den Dünen antreffen, sondern an gewissen Stellen auch aus alten Zisternen retten. Leider gibt es vor allem im Süden Marokkos sehr viele alte (teils auch neue!) Zisternen, welche keine dichten Deckel aufweisen und dadurch tödliche Fallen für Reptilien, Amphibien, Insekten und Nager darstellen. Wir und viele andere Herpetologen haben es uns zur Aufgabe gemacht auf Reisen in Marokko die Zisternen zu kontrollieren und dort gefangene Tiere zu befreien. Grössere Schlangen oder Echsen können mehrere Wochen überdauern bis sie vor Dehydrierung verenden. Obwohl bei diesen Rettungsaktionen viele sonst nur schwer zu findende Arten angetroffen werden können, ist diese Arbeit doch auch frustrierend, da die meisten Tiere bereits tot sind... In einer der Zisternen bei Guelmim konnten wir schon über 10 Schlangenskelette finden!  

Delta des Souss Massa
Delta des Souss Massa

Sidi Ifni

Der Atlantik-Küstenabschnitt von Mirleft bis Sidi Ifni zeichnet sich durch eine diverse Vegetation mit vielen Sukkulenten aus, besonders geprägt durch die vielen an Kakteen anmutenden Euphorbien-Büsche. Die sukkulenten Pflanzenteile der Vierkantigen Wolfsmilch (Euphorbia resinifera) werden zu dieser Zeit von ebenso skurilen, bedornten Buschgrillen (Eugaster sp.) abgeweidet. In der unten abgebildeten Region konnten wir eine Häutung einer adulten Kobra (Naja haje) finden, wir blieben hier jedoch ohne Erfolg bei der Suche nach den schönen Schlangen. In einer Zisterne konnten wir eine Sandrennnatter (Psammophis schokari) und eine Brongersma-Kröte (Barbarophryne brongersmai) retten. Weniger Glück hatte eine Hausschlange (Boeadon fuliginosus), welche wir nachts auf der Strasse überfahren (DOR) auffanden. 

Guelmim

Die Region um die Stadt Guelmim ist in ihrer Flora extrem karg - Steinwüsten mit vereinzelten Sandansammlungen prägen die weitläufige Landschaft. Bei sandigem Untergrund konnten wir Dünnfingergeckos (Stenodactylus mauritanicus) und Algerische Sandgeckos (Tropiocolotes algericus) nachweisen, obwohl letztere auch auf steinigen Böden anzutreffen waren (oft unter Steinen). Bis in Siedlungsnähe waren nachts Mauergeckos (Tarentola mauritanicaTarentola boehmei) und Berberkröten (Sclerophrys mauritanica) aktiv. Unter Steinen konnten mitten in der Steinwüste zwei Kapuzennattern (Macroprotodon brevisangetroffen werden.

Auf der Rückreise, als wir wieder durch die Gegend von Guelmim gelangten, legten wir erneut einen kurzen Zwischenstopp ein mit dem Ziel Hornvipern (Cerastes cerastes) zu finden... Stattdessen entdeckten wir entlang einer grossen Trockensteinmauer eine weibliche Atlasotter (Daboia mauritanica) - der unerwartete Fund war eines der Highlights dieser Reise!

Karge Landschaft zwischen Guelmim und Tan-tan
Karge Landschaft zwischen Guelmim und Tan-tan
Atlasotter (Daboia mauritanica)
Atlasotter (Daboia mauritanica)

Tan-tan

Sandige Böden und Steinsteppen, spärliche Vegetation, trockene Bachläufe und Nagerbauten so weit das Auge reicht... Dies stellt der Lebensraum der Ägyptischen Kobra (Naja haje legionis), der Puffotter (Bitis arietans) und der Eidechsennatter (Malpolon monspessulanus saharatlanticus) in der Region um Tan-tan dar. Nur zu gut kann man sich vor den unzähligen Höhlenausgängen der Sandratten und Erdhörnchen eine Kobra oder eine Puffotter vorstellen, doch so gross das Artenreichtum auch sein mag, so scheint die Dichte an Reptilien durch den harten Überlebenskampf in diesem Lebensraum nicht vergleichbar mit den europäischen Mittelmeer-Ländern zu sein. Nach langer Suche konnte Roger eine junge Kobra in einen Busch entfliehen sehen, aus welchem wir sie nach einiger Grabarbeit wiederfinden konnten - ein grossartiger Moment! Das farbenprächtige Jungtiere zeigt wie frisch geborene Individuen ausser am Kopf noch keine Spuren des Melanismus der adulten Kobras in Marokko, daher ist sie sicherlich im Herbst letzten Jahres zur Welt gekommen.

Tan-tan Plage
Tan-tan Plage

Tarfaya - in den Dünen von Khenifiss

Im National Park Khenifiss zwischen Akhfenir und Tarfaya türmen sich auf einer Fläche von 1800 Quadratkilometer unzählige Sanddünen in jeder Grösse und Form - ins Landesinnere ziehen sich diese weit über die Grenzen des Nationalparks hinaus. Angrenzend an die idyllischen Buchten des Park, in denen sich Flamingos und Löffler beobachten lassen, wird auf grossen Feldern Salz gewonnen. Die meisten Bewohner der Sanddünen lassen sich am einfachsten nachts auffinden. Erst durch die Vielfalt und Menge der Spuren am nächsten Morgen erkennt man, wie viel Leben sich im Sand verbirgt. Leider waren die Nächte teils sehr windig als wir dort waren, dadurch waren viele Spuren schnell wieder verschwunden. Der Helmkopfgecko (Tarentola chazaliae) war eine unserer Zielarten in diesem Habitat, welche wir sowohl nachts aktiv wie auch tagsüber neben Skorpionen unter den Steinen finden konnten. Nach langer Suche entdeckten wir eine kurze Spur einer Avicennaviper (Cerastes vipera), welche aufgrund des windigen Wetters sprichwörtlich im Sand verlief. Unserem Kollegen aus München gelang es, die Viper nach Sonnenaufgang gerade mal 5m von der Spur entfernt unter einem Stein zu finden. Viel häufiger zu finden waren in schlängelnder Form die Spuren der Walzenskinke (Chalcides sphenopsiformes). Durch Zufall konnten wir am Ende einer solchen Spur einen der Skinke aus dem Sand fischen. Eine weitere hochspezialisierte Art der Dünen, die gekrönte Schauzennatter (Lytorhynchus diadema), muss für uns noch auf eine fortsetzende Reise warten ...  

Avicennaviper (Cerastes vipera)
Avicennaviper (Cerastes vipera)

Artenliste

Reptilien:

Cerastes vipera (1)

Daboia mauritanica (1)

Hemorrhois hippocrepis (tot in Zisternen)

Macroprotodon brevis (2)

Malpolon monspessulanus saharicus (1, DOR)

Naja haje legionis (1)

Psammophis schokari (2, viele tot in Zisternen)

 

Mauremys leprosa (>10)

Testudo graeca (1)

 

Quedenfeldtia moerens (>10)

Saurodactylus brosseti (>10)

Stenodactylus mauritanicus (4)

Tarentola boehmei (<10)

Tarentola mauritanica (>10)

Tarentola chazaliae (>10)

Tropiocolotes algericus (5)

 

Chalcides occelatus (1)

Chalcides polylepis (2)

Chalcides mionectes (1)

Chalcides sphenopsiformes (1)

 

Agama impalearis (2)

Acanthodactylus pardalis (2)

Acanthodactylus aureus (>10)

Mesalina oliviera (1)

Amphibien:

Hyla meridionalis (>10)

Pelophylax saharicus (>10)

Sclerophrys mauritanicus (1)

Barbarophryne brongersmai (1)